18.07.2022
Die Photovoltaikpflicht gilt für Bauherrinnen und Bauherren beim Neubau eines Wohn- oder Nichtwohngebäudes und bei der grundlegenden Dachsanierung eines Bestandsgebäudes. Außerdem greift sie beim Neubau eines offenen Parkplatzes mit mehr als 35 Stellplätzen.Der maßgebliche Zeitpunkt ist für alle Neubauvorhaben das Eingangsdatum des Bauantrags oder der vollständigen Bauvorlagen im Kenntnisgabeverfahren. Bei Dachsanierungen zählt das Datum des Baubeginns:
- Neubau Parkplatz: 1. Januar 2022
- Neubau Nichtwohngebäude: 1. Januar 2022
- Neubau Wohngebäude: 1. Mai 2022
- Grundlegende Dachsanierung: 1. Januar 2023
Grundsätzliche Voraussetzung für die Photovoltaikpflicht ist, dass das jeweilige Bauvorhaben über eine Dach- oder Stellplatzfläche verfügt, die zur Solarnutzung geeignet ist.
Die Pflicht gilt auch bei einem Ausbau oder Anbau an ein bestehendes Gebäude oder an einen bestehenden Parkplatz. Voraussetzung ist ebenfalls, dass durch den Anbau eine neue, zur Solarnutzung geeignete Dach- oder Stellplatzfläche entsteht. Bestehende Dach- oder Stellplatzfläche zählen dabei nicht mit.
Als grundlegende Dachsanierung gelten Baumaßnahmen, bei denen die Abdichtung oder die Eindeckung eines Daches vollständig erneuert wird. Dies gilt auch bei einer Wiederverwendung von Baustoffen. Eine Erneuerung der darunterliegenden Lattungen oder Schalungen wird nicht vorausgesetzt. Ausgenommen sind aber Baumaßnahmen, die ausschließlich zur Behebung kurzfristig eingetretener Schäden vorgenommen werden (zum Beispiel: Sturmschäden).
Wie groß muss die Photovoltaikanlage sein? Um die Photovoltaikpflicht zu erfüllen, muss die installierte Photovoltaikanlage eine bestimmte Mindestmodulfläche in Quadratmetern aufweisen. Diese wird anhand der Dachfläche bemessen, die zur Solarnutzung geeignet ist. Im Regelfall reicht es, wenn die Photovoltaikanlage eine Modulfläche im Umfang von mindestens 60 Prozent der Dachfläche aufweist.
Wird die ursprüngliche Eignungsfläche eines Daches durch anderweitige „notwendige Nutzungen“ wie Dachterrassen verkleinert, müssen vergleichsweise etwas mehr Photovoltaikmodule installiert werden – im Umfang von mindestens 75 Prozent der verbleibenden Eignungsfläche.
Fällt die Photovoltaikpflicht mit einer öffentlich-rechtlichen Pflicht zur Dachbegrünung zusammen, reduziert sich der oben beschriebene Umfang der Mindestnutzung um 50 Prozent. Entscheidet sich eine Bauherrin oder ein Bauherr freiwillig zu einer Dachbegrünung, greift diese Regelung nicht.
Beim Neubau eines Wohngebäudes oder bei einer grundlegenden Dachsanierung besteht außerdem die Möglichkeit, den Umfang der Mindestnutzung anstatt als Mindestmodulfläche in Quadratmetern wahlweise anhand der installierten Leistung einer Anlage zu berechnen. Dabei gilt die Photovoltaikpflicht als erfüllt, wenn die Photovoltaikanlage eine installierte Mindestleistung von 0,06 Kilowatt Peak je Quadratmeter der überbauten Grundstücksfläche aufweist.
Die überbaute Grundstücksfläche umfasst dabei die Fläche, mit der ein Gebäude über seine Außenwand den Erdboden berührt, sowie darüber hinausragende Dachüberstände. Entscheidet sich eine Bauherrin oder ein Bauherr außerdem dazu, die Photovoltaikpflicht ersatzweise durch die Installation einer solarthermischen Anlage zu erfüllen, entspricht 1 Kilowatt Peak installierte Photovoltaik-Leistung umgerechnet 5,5 Quadratmetern Kollektorfläche. Diese alternativen Berechnungsmaßstäben sollen insbesondere privaten Bauherrinnen und Bauherren die Umsetzung der Photovoltaikpflicht erleichtern.
Können Bauherrinnen und Bauherren auch eine Solarthermie-Anlage installieren? Ja. Beim Neubau von Gebäuden und bei grundlegenden Dachsanierungen kann die Photovoltaikpflicht auch durch die Installation einer solarthermischen Anlage zur Wärmeerzeugung erfüllt werden. Eine Kombination von Photovoltaik und Solarthermie ist ebenso möglich. Mit den Kollektoren einer solarthermischen Anlage ist die die Photovoltaikpflicht entsprechend dem genutzten Flächenanteil ebenfalls erfüllt.
Gibt es eine Härtefallregelung? Ja. Auf Antrag kann eine Bauherrin oder ein Bauherr von der Photovoltaikpflicht ganz oder teilweise befreit werden, wenn diese nur mit unverhältnismäßig hohem wirtschaftlichen Aufwand erfüllbar wäre. Eine solche wirtschaftliche Unzumutbarkeit ist dann gegeben, „wenn die Durchführbarkeit des Bauvorhabens insgesamt oder bei unbilliger Härte in sonstiger Weise aufgrund einer Erfüllung der Photovoltaikpflicht gefährdet wäre“.
Die Durchführbarkeit eines Neubauvorhabens gilt als insgesamt gefährdet, wenn die Kosten einer Photovoltaikanlage die Baukosten des Vorhabens um folgende Schwellenwerte übersteigen:
- Neubau Wohngebäude: 10 Prozent
- Neubau von Nichtwohngebäuden: 20 Prozent
- Neubau eines Parkplatzes mit mindestens 35 Stellplätzen: 30 Prozent
Wird einer dieser Schwellenwerte durch die Kosten einer Photovoltaikanlage überschritten, soll eine Bauherrin oder ein Bauherr nicht vollständig von der Photovoltaikpflicht befreit werden, sondern nur bis zum Schwellenwert. Im Ergebnis wäre dann zumindest eine kleinere Photovoltaikanlage zu installieren.
Bei der Gegenüberstellung von Kosten können sowohl bei den Kosten einer Photovoltaikanlage als auch bei den Baukosten die damit jeweils einhergehenden Planungskosten berücksichtigt werden.